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China, Sichuan, Leshan, Großer Buddha, Weltkulturerbe,Im Jahr 1996 wurde das Gebiet des Gebirgszuges „Emei Shan“ zusammen mit dem etwa 40 km entfernten, aber kulturgeschichtlich dazugehörenden „Großen Buddha von Leshan“ wegen seiner „landschaftlichen Schönheit“ und seiner „Bedeutung für den Buddhismus in China“ in die Liste des Welt- Kultur- und Naturerbes der Unesco aufgenommen.

Der „Große Buddha von Leshan“ - der als die größte, aus einer Felswand heraus- gearbeitete Buddhafigur der Welt gilt - befindet sich ca. 140 km südlich von Chengdu, nahe der Stadt Leshan, in der Provinz Sichuan, am südwest-lichen Rand des Sichuan Beckens.

Leshan - eine Stadt mit ca. 100 000 Einwohnern liegt nördlich der Mündung des Dadu He in den Min Jiang. Aus dem Steilufer südöstlich der Stadt wurde wahrend der Tang Dynastie in der Zeit von 713 bis 803 u.Z. eine riesige sitzende Buddhastatue herausgemeißelt.

Die Tang Periode war eine Zeit besonderes guter wirtschaftlicher Entwicklung im alten China. Auch die Provinz Sichuan stand in voller Blüte. In dieser Zeit entwickelte sich der Buddhismus ebenfalls stark. So soll es dem Mönch Haitong gelungen sein, in 20 Jahren genügend Mittel einzuwerben um das gewaltige Projekt zu beginnen, die obengenannte Buddhastatue schaffen zu lassen.

Aus den Berichten des chinesischen Mönches Xuan Zhang, der im Jahre 632 in Bamiyan im heutigen Afghanistan weilte, war bekannt, daß es dort zwei sehr große Buddhastatuen gab - eine ältere, 35 m hohe Figur, die den Buddha Shakyamuni des gegenwärtigen Weltzeitalters darstellt und eine jüngere größere 53 m hohe Figur, die den Buddha Dipankara aus dem vorangegangen Weltzeitalter abbildet. Diese beiden Figuren galten bis dahin als die größten Buddhafiguren der Welt.
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Mönch Haitong in seinem Missionierungseifer nun in Sichuan eine noch größere Buddhafigur schaffen wollte - und zwar die des Buddha Maitreya - des Buddha des kommenden Weltzeitalters.

Es gibt ein paar nette, aber recht unwahrscheinliche Geschichten um die Figur des Mönches, die nicht recht zu dem gewaltigen und langfristig angelegten Plan passen wollen und offensichtlich Erfindungen und Ausschmückungen eines späteren Jahrhunderts sind.
Es ist z.B. nicht durch Dokumente belegt, daß der Mönch das Projekt des Maitreyabuddhas aus geomantischer Absicht schuf, um die Turbulenzen des Flusses zu beruhigen.

Die Arbeiten an dem 71 m hohen, sitzenden Buddha - die übliche Form der Darstellung des Buddha Maitreya - dauerten mit Unterbrechungen 90 Jahre, so daß der Initiator, die Vollendung seines Planes nicht mehr erlebte. Lokale Herrscher nahmen sich des Projektes an, um sich mit dem Ruhm des Förderers zu schmücken.

Hier ein paar Zahlen, die die beeindruckende Größe der Figur demonstrieren sollen. Über die Schultern ist der Budda 28 m breit, der Kopf hat eine Höhe von 15 Metern und eine Breite von 10 Metern, die Ohren sind 7 Meter lang, der längste Finger mißt 3 m und ein Fuß je 8 m . Auf dem Kopf sind 1021 „Locken“ befestigt.

Auf einem sich mehrfach windenden Treppenpfad, der in Höhe der Schultern der Figur beginnt und bis zu ihren Füßen führt, kann man all dies in Ruhe betrachten und die Dimensionen auf sich wirken lassen .

Wenn man dabei die aus dem Felsen herausmodellierte Buddhafigur genauer betrachtet, fällt auf, daß der Kopf, die Schultern, ein Teil der Brust, die Kniee und die Hände, die darauf ruhen, sowie die Füße, ein völlig anderes Aussehen haben, als der umgebende Fels!
Das beruht darauf, daß all diese Bereiche nicht aus dem anstehendem Gestein bestehen, sondern in einer Technik hergestellt wurden, die sich vom Westen her über die Seidenstrasse nach China verbreitete und bei unzähligen Buddhastatuen angewendet wurde.
Vor der endgültigen Zerstörung der Buddhafiguren in Bamiyan in Afghanistan konnte man diese Technik gut studieren. Da diese Figuren seit Jahrhunderten nicht mehr gepflegt wurden und dem Verfall preis gegeben waren, konnte man einen guten Blick in ihr „Innenleben“ werfen. Aus Holzbalken, Stricken und Stroh wurde um den Steinkern ein Korpus gebildet der dann mit Lehm verkleidet und mit einem Kalkputz versehen wurde. So wurde es möglich, feine Details zu gestalten, die auf Grund der Gesteinsstruktur oft nicht aus dem Fels modelliert werden konnten.

Nach der Fertigstellung der Figur wurde zu ihrem Schutz vor Regen und Wind ein hölzernes Gehäuse errichtet. Dieses soll nach über 500 Jahren in den Wirren am Ende der Yuan Dynastie [1271 - 1368] zerstört worden sein.
Seitdem ist die Figur schon Jahrhunderte lang der Erosion ausgesetzt und wurde auch bereits mehrmals restauriert.

Oberflächen- und Sickerwasser sind aber das geringste Übel. Schon die Erbauer vor über 1200 Jahren haben damit gerechnet und ein immer noch funktionstüchtiges Drainagesystem in und an der Figur installiert.
Das Hauptproblem heutzutage ist die weltweit zunehmende Umweltbelastung.

Wenn man mit einem Boot auf dem Minjiang an dem Buddha vorbeifährt, sieht man, daß rechts und links neben der Figur in der Steilwand noch je eine etwa 20 m hohe Figur eines „Beschützers der Lehre“ in einer Nische steht.

Neben der riesigen Buddhastatue gibt es noch einige weitere Sehenswürdig-keiten.

Im Lingyun Tempel, der seinen Ursprung im 7. Jahrhunder hat, ist eine interessante Ausstellung über die Sanierungsarbeiten an der Figur zu sehen.

Im Wuyou Tempel, der aus der Mitte des 8. Jahrhunderts stammt, sind besonders die lebendig und humorvoll gestalteten Arhats [Luohan] sehens-wert.

1994 wurde der „Park des östlichen Buddhareiches“ eröffnet, der eine Sammlung von Kopien und Originalen von einigen tausend Buddhafiguren aus Asien enthält. Darunter moderen Werke wie der weltgrößte - 170 m lange - liegende Buddha.

Besonders besuchenswert sind die 1940 entdeckten Mohao Felsengräber aus der Östlichen Han- Periode [25 - 220 u.Z].
Im Gegensatz zu den anderenorts üblichen Ziegelkammergräbern findet man in Sichuan auch häufig in Felsen gehauene Kammerngräber.
Mit den Grabbeigaben - aus Ton gebrannte Modelle von Menschen, Tieren und Häusern - sowie mit den Motiven der Gemälde an Decken und Wänden sind sie typische Han-zeitliche Gräber, mit dem einen Unterschied, daß es hier darüber hinaus auch noch aus dem Fels herausgeschnittene Reliefs gibt.

In dem bei den Gräbern befindlichen Museum bekommt man einen schönen Überblick über die Felsengräber der Gegend und das Leben in der Han- Periode, so wie es sich aus den Grabbeigaben darstellt. Neben vielen Ausstellungs-stücken kann man auch ein Felsengrab besichtigen, das aus Eingangshalle, Korridor und Sargkammer besteht.

Eine Besonderheit gibt es in den Felsengräbern. Auf dem steinernen Türbalken der Tür, die in die innere Sargammer führt, ist oft an Stelle der sonst üblichen Darstellung der „Königin Mutter des Westens - Xi Wang Mu“ das Steinrelief einer Figur zu sehen, in der einige Forscher eine sehr frühe Darstellung eines Buddhas zu erkennen glauben.

Die Darstellung eines Buddha als „Wegweiser und Beschützer der Toten auf ihrem Weg ins jenseitige Leben“ und die Darstellung zusammen mit anderen nicht buddhistischen Symbolen in einer Grabkammer entspricht jedoch nicht buddhistischer Tradition.
Bisher gibt es auch keine Textquelle aus dieser Periode, die eine Verbindung einer Buddhadarstellung mit dem Totenkult dieser Periode herstellt.
Andere Forscher gehen davon aus, daß es, wenn es tatsächlich eine Buddhadarstellung ist, sich nur um die, allerdings erstaunlich frühe, Kopie eines importierten Symbols handelt, dessen wahre Bedeutung aber nicht verstanden ist und daß es sich dabei auf keinen Fall um das Ergebnis einer erfolgreichen Missionierungstätigkeit handeln kann, da diese hier nicht vor der Mitte des 4. Jarhunderts begann.

An dieser Stelle soll noch auf die touristisch kaum erschlossene Gegend „Jianjiang Qianfoyan“ rund 50 km nordwestlich von Leshan verwiesen werden. Hier kann man, fernab allen Troubels und in aller Ruhe und Zeit, die man sich nehmen will, über 2400 in die Felsen gehauene Buddhadarstellungen bewundern.

[© china-entdecken.com, 2008, Desiree Burkhardt + Gert Wiemeier]