China, Sichuan, EmeishanIm Jahr 1996 wurde das Gebiet des Gebirgszuges "Emei Shan" zusammen mit dem etwa 40 km entfernten, aber kulturge-schichtlich dazugehörenden "großen Buddha von Leshan" wegen seiner "landschaftlichen Schönheit und seiner Bedeutung für den Buddhismus in China" in die Liste des Welt- Kultur- und Naturerbes der Unesco aufgenommen.

Das Gebiet Emei Shan befindet sich ungefähr 140km südwestlich von Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan und ca. 20km westlich der Stadt Emeishan. Es umfaßt 154 km2 und enthält fünf besonders geschützte Zonen - vier Naturschutzgebiete für seltene und gefährdete Pflanzen und ein Landschafts-schutzgebiet.

Der Bergrücken erhebt sich am südwestlichen Rand des Sichuanbeckens von etwa 500 m ü.d.M. bis in eine Höhe von 3099 m ü.d.M. am Wanfoding - dem Zehntausend Budda Gipfel.
Der Name Emei Shan, der vielleicht mit "emporragender Augenbrauen-Berg" übersetzt werden kann, soll von der länglichen Form des Grates herrühren oder von seiner Schönheit.

Auf den 2600 Metern Höhendifferenz haben sich fünf, nach Höhenstufen gestaffelte Vegetationszonen herausgebildet. Von 500 m bis etwa 1500 m findet man subtropische immergrüne Laubwälder, gefolgt von Mischwäldern aus immergrünen und jährlich laubabwerfenden Pflanzen. Danach gibt es Mischwälder aus jährlich laubabwerfenden Pflanzen und Nadelwäldern, gefolgt von subalpinen Nadelwäldern und in Höhen über 2800 m leben nur noch subalpine Buschgehölze.
Von den im Gebirge vorkommenden 3200 Pflanzenarten sind mehr als 100 endemisch, d.h. nur hier vorkommend. Darunter viele Rhododendronarten und Orchideen.

China, Sichuan, EmeishanIn den Wäldern leben etwa 2300 Tierarten von denen viele ebenfalls endemisch oder vom Aussterben bedroht sind, darunter z.B. eine Vogelart - Emei Shan Liocichla -, die sogar nach dem Berg benannt ist, der chinesische Riesensalamander und Tibetische Makaken.
Diese Affen haben sich besonders in Gipfelnähe derart an Futterspenden durch die Touristen gewöhnt, daß sie im Falle, daß ihnen nichts gegeben wird, sehr aggressiv werden können.

Das Klima verändert sich stark mit der Höhe. Während in der kühl - alpinen Zone Jahresdurchschnittstemperaturen von etwa 3°C beobachtet werden, sind es in der subtropischen Zone 17.2°C. Die Gegend ist bei einer durchschnittlichen relativen Luftfeuchtigkeit von 85% oft in dichte Wolken gehüllt und es regnet häufig. Die jährlichen Niederschläge übersteigen 1990 mm . Wenn am Fuße des Berges die ersten Blumen blühen, liegt auf den Gipfeln noch Schnee.

Noch ein paar Worte zur Geologie der Gegend.
Zu den besonderen - wenn auch schon etwas länger - ausgestorbenen Tieren des Gebietes gehört auch der Dinosaurier "Emeisaurus" aus dem späten Jura, der 1939 hier ausgegraben wurde und daher seinen Namen hat.
Am Aufbau der Gegend um den Emei Shan sind neben den bekannten Trappbasalten unter anderem mächtige Karbonatgesteinslagen beteiligt, die auf Grund der reichlichen Niederschläge zum Teil stark verkarstet sind.
Auf Grund der tektonischen Situation des Gebietes gibt es hier auch heiße Quellen, die nahe dem Baoguo Kloster in herrlichen Freibadeanlagen erschlossen wurden.

Die ältesten Besiedlungsspuren reichen 10 000 Jahre zurück.
Seit frühesten Zeiten gelten in Asien die Berge als Sitz von Göttern oder gar als Götter selbst.
Sobald eine Religion ein System von allgemein verbindlichen Regeln und Vorschriften entwickelte, wurden auch bestimmte Berge in dieses System einbezogen und als besonders heilig proklamiert. So auch in China.
Die ersten bekannten Tempelanlagen am Emei Shan sind daoistische Tempel, die um 200 v.u.Z. während der Östlichen Han Dynastie errichtet wurden.

China, Sichuan, EmeishanHeute gilt der Emei Shan allerdings als einer der vier buddhistischen Berge in China. [Die anderen drei sind der Putuo Shan in der Provinz Zhejiang, der Wutai Shan in der Provinz Shanxi and der Jiuhua Shan in der Provinz Anhui].
Nach historischen Unterlagen können erste kleine buddhis-tische Tempelanlagen um die Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert am Emei Shan errichtet worden sein.
Trotz unzähliger Wiederholungen wurde die Behauptung, daß der Mönch Huichi im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung einen der indischen buddhistischen Gottheit - Boddhisattva Samantabhadra geweihten Tempel am Emei Shan errichtet hat, zwar nicht wahrer, dafür aber populär.
Samantabhadra [in chinesisch Puxian Pusa] geweihte Tempel wurden in China aber frühestens seit der Tang Periode [618 - 907 u.Z.] errichtet. ["Stairway to Heaven: A Journey to the Summit of Mount Emei", von James Morris Hargett, SUNY Press, 2006]
Die Geschichte um die Klostergründung im 1. Jahrhundert ist eine Legendenbildung aus der Tang oder sogar erst aus der Song Periode, die die lange und damit "ehrwürdige" Tradition der Verehrung des Boddhisattva Samantabhadra belegen sollte.
Im Laufe von fast 1500 Jahren sollen über 200 Tempel im Gebirge errichtet worden sein, von denen heute noch etwa zwei Dutzend erhalten sind.
Seit dem 6. Jahrhundert ist der Berg das Ziel zahlreicher buddhistischer Pilger.

Der Aufstieg zum Gipfel von einer der kleinen Siedlungen am Fuße des Berges aus ist über verschiedene Routen möglich und dauert zwischen zwei und drei Tagen.
Einfache Unterkunft kann man in einigen Klöstern finden und in ein paar am Gipfel.
Die Wege sind vorwiegend Treppen. Sie sind weniger überfüllt als man vermuten könnte, da eine neu gebaute Straße den Autoverkehr bis fast zum Gipfel ermöglicht, wo man dann unvermittelt auf Geschäfte und Parkplätze stößt.
Wem hier nach zwei Dritteln des Weges der weitere Aufstieg zu mühsam ist, kann weitere 500 Höhenmeter mit einer Seilbahn überwinden, bevor er die letzten Meter wieder zu Fuß gehen muß.

Neben dem Besuch der vielen Tempel, die hier nicht alle beschrieben werden können, sind es die mit ein wenig Glück beobachtbaren besonderen Naturschauspiele, die die Wanderer anziehen.
Auf Grund der klimatischen Verhältnisse hier, ändert sich das Wetter recht häufig und die Berge sind oft und schnell in Wolken gehüllt. Es ist schon beeindruckend wie sich einzelne Wolken zusammenballen und in kurzer Zeit eine geschlossene Wolkendecke bilden. Manchmal kommt es vor, daß die Wolken tiefer liegen als die höchsten Gipfel, die dann wie Inseln in einem Meer aus Wolken wirken. Wenn die Sonne tief hinter dem Wanderer auf dem Gipfel steht, kann er seinen eigenen Schatten auf den Wolken sehen.
Manchmal tritt eine zusätzliche Lichterscheinung auf - das sogenannte Buddhalicht. Es ist eine in den vielen kleinen Wassertröpfchen der feuchten Luft, die den Betrachter umgibt, verursachte Lichtbrechung und Reflexion, die zu mehreren, konzentrisch angeordneten, regenbogenartigen, geschlossenen Ringen auf der Wolkendecke führt. Diese bunten Ringe umschließen den Schatten des Betrachters wie einen Heiligenschein.
Es soll schon Pilger gegeben haben, die glaubten einen Wink Buddhas erhalten zu haben und in ihrer Verzückung in die Tiefe sprangen.

Seit dem 16. Jahrhundert soll es schrifliche Erwähnungen eines besonderen Kampfkunst- Stiles geben, der von Mönchen und Bewohnern der Gegend gepflegt wurde. Im sogenannten Emei- Wushu sollen daoistische und buddhistische Traditionen zu einem eigenen Stil verschmolzen sein. [siehe http://www.china-entdecken.com/chinareisen-beijing18.htm ]. Inspiriert von den Erfolgen anderer Orte, die Besucher wegen der bekannten Wushu- Schulen anziehen, wird auch am Emei Shan in jüngster Zeit die Kampfkunst wieder popularisiert.

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