Das Kloster des weißen Pferdes liegt circa 12 Kilometer östlich der heutigen Stadt Luoyang in der Provinz Henan und soll angeblich im Jahre 68 gegründet worden sein.
Damit wäre es die erste buddistische Klostergründung im chinesischen Kernland abseits der Seidenstraße.
Sein Name geht auf die folgende Legende zurück, die im "Buch über die Späte Han Dynastie" enthalten ist, das im 5. Jahrhundert kompiliert wurde.
Der Kaiser Ming aus der Östlichen Han Dynastie träumte im Jahre 64 von einer goldenen Gestalt, die über seinem Palast schwebte. Seine Minister erklärten ihm, daß er vom Buddha in Indien geträumt habe. Der Kaiser sandte daraufhin eine 18-köpfige Delegation nach Indien, die dort den Buddhismus studieren sollte. Nach drei Jahren kehrte die Delegation aus der Gegend des heutigen Afghanistan, wo sie die beiden indischen Mönchen Kashyapamtanga und Dharmaraksha getroffen hatte, zurück. Mit ihnen kam ein weißes Pferd, das ein Bündel voller buddhistischer Sutren und Figuren trug. Im folgenden Jahr ließ dann der Kaiser den Tempel für die Mönche und zur Erinnerung an die Ankunft des weißen Pferdes bauen.
In diesem Tempel sollen die beiden Mönche 6 buddhistische Texte aus dem Sanskrit ins Chinesische übersetzt haben. Davon hat aber nur die "Sutre der 42 Kapitel" die Zeiten überstanden. Es ist unklar, ob die Übersetzung tatsächlich eine Übersetzung ist oder eine Zusammenstellung von Auszügen aus anderen kanonischen Werken analog der Sammlung der Aussprüche des Konfuzius, mit dem sie strukturell große Ähnlichkeit hat. Auch zeigt die Beschreibung des Buddhas große Ähnlichkeit mit den Beschreibungen der 8 Unsterblichen des daoistischen Glaubens.
Im Jahr 258 hat Po-Yen, ein Prinz aus dem Königreich Kucha, das an der Seidenstraße im Tarimbecken lag, hier ebenfalls 6 buddhistische Texte übersetzt.
Der Tempel ist heute noch die Heimat für eine Gemeinschaft buddhistischer Mönche, die hier leben, arbeiten und beten. Das sollten Touristen berücksichtigen, wenn sie hierher kommen.
Von der ursprünglichen Anlage, die im Stile indischer Tempel errichtet worden sein soll, ist heute nichts mehr zu sehen.
Die Bauten der heutigen Anlage stammen aus der Ming- und Qing- Periode. Die ältesten Teile sind Figuren und Stelen aus der Yuan- Dynastie. Die beiden steinernen Pferde am heutigen Tempeleingang stammen möglicherweise sogar aus der Song Periode.
Das heutige Kloster ist eine typische chinesische Tempelanlage mit vielen Vierseitenhöfen, die entlang einer von Süden nach Norden den Hang ansteigenden Achse angeordnet sind, mit dem Haupteingang im Süden.
In der südöstlichen und der südwestlichen Ecke des ersten Innenhofes des Tempels befinden sich zwei Erdhügel, die als die Grabhügel der beiden Mönche Kashyapamtanga und Dharmaraksha gelten.
Die wesentlichsten Bauwerke sind im folgenden etwas näher beschrieben.
Die Halle der Himmelskönige aus der Yuan Dynastie fungiert als innnere Torhalle. Ihre Ausschmückung stammt vorwiegend aus der Qing Periode. In der Mitte befindet sich der Buddha Maitreya (der Buddha der Zukunft) und an jeder Seite um den Buddha herum stehen die 4 Himmelskönige oder Himmelswächter mit ihren verschiedenen Symbolen. Die vier aus Ton modellierten Figuren stammen aus der Qing Periode. Hinter dem Maitreya Buddha steht die Figur Wei Tuos, einer der acht Götter die den Buddhismus beschützen. Er beschützt speziell das Buch der Weisheit und der Gesetze.
Der Buddha Maitreya ist typisch für den Theravada- Buddhismus.
Die Haupthalle, die Halle des Großen Buddhas stammt aus der Ming Dynastie und weist die spektakulärste Architektur des ganzen Tempels auf. In der Mitte der Halle steht Sakyamuni Buddha, links und rechts von ihm seine 2 Schüler Kasyapa und Ananda und die 2 Boddhisattvas Manjusri und Samanthabhadra. Hinter ihm steht die Figur des Boddhisattvas Avalokitesvara , des Bodhisattvas des universellen Mitgefühls. Die beiden Boddhisattvas Manjusri und Samanthabhadra bilden mit dem Sakyamuni eine Trinität, typisch für den Mahayana Buddhismus.
Nahe des großen Altars in der Haupthalle befindet sich eine Glocke, deren tiefer Ton bis ins 13 km entfernte Luoyang zu hören ist und die Glocke im dortigen Glockenturm zu Resonanzschwingungen anregen soll.
Die Halle des Mahavira besitzt die meisten Dekorationen. Mahavira - der furchtlose Held - ist ein anderer Name mit dem der Shakyamuny Buddha geehrt wird. Die Decke ist mit geschnitzten vielen Lotusblüten verziert und die Wände sind mit tausenden hölzernen buddhistischen Figuren verkleidet. In der Mitte befindet sich ein mit Schnitzerreien verzierter zweietagiger Schrein.
Die Figuren des Shakyamuni Buddha, des Buddha Amitabha und des Medizin Buddha sind ebenfalls eine buddhistische Trinität, die typisch ist für die chinesische Variante der Lehre vom "Reinen Land". Umgeben sind die Buddhas von 18 Arhats. Die Figuren, die aus der Zeit der Yuan Dynastie stammen, sind aus Seide und Hanffasern hergestellt und wiegen jeweils nur drei bis fünf Kilogramm.
Die kleinste Halle des Tempels ist die Jieyin Halle mit Skulpturen aus der Qing Zeit. Der Erlöserbuddha Amitabha ist von seinen zwei Helferbodhisattvas umgeben: Links der Boddhisattva Mahastamaprapta, und rechts Avalokiteshvara, der Bodhisattva der Barmherzigkeit (in Chinesisch "Guanyin" genannt). Die drei Figuren werden oft auch die "Drei Heiligen des Westens" genannt, eine Region in der sich das "Reine Land" befindet, und in dem die Wiedergeburt in paradisischen Zuständen erhofft wird.
Im hinteren Teil des Tempelgeländes befindet sich die Qingliang Terrasse mit dem Vairocana Pavilion. Hier sollen die beiden legendären Mönche gelebt und die buddhistischen Sutren ins Chinesische übersetzt haben.
Östlich des Tempels, etwas abgelegen, steht die Qiyun Pagode, auch Baima Si Pagode genannt. Sie ist ein 24 Meter hoher, 13 stöckiger, viereckiger Ziegelbau aus dem Jahr 1175, der aber im typischen Tang-zeitlichen Stil errichtet wurde und die durch ein Feuer zerstörte hölzerne Pagode erzetzte.
Westlich des Klosters wurde mit Spenden Thailandischer und Chinesischer Buddhisten eine Halle des "Thailändischen Buddhismus" erbaut
Ein steinernes Ehrentor (Paifang) wurde in jüngster Vergangenheit 150 m vor dem Haupteingang errichtet . Zwischen ihm und dem Ehrentor befindet sich ein kleiner von steinernen Brücken überspannter Teich, in dem gläubige Buddhisten gefangenen Fischen die Freiheit wieder geben können.
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